Ich bin Linkshänderin und damit nicht alleine in meiner Familie. Mein jüngerer Bruder, mein Neffe und meine Tante sind ebenfalls LinkshänderInnen. Während meine Tante noch komplett zur Benutzung der rechten Hand umtrainiert wurde, haben meine Eltern es anfänglich auch bei mir versucht.
Zum Glück sind diese Versuche gescheitert. In Deutschland wurden solche pädagogischen Maßnahmen leider noch bis in die 90er praktiziert! Denn ein solches Umtrainieren kann später gesundheitliche Folgen haben, wie z.B. Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnis-, Lese- und Rechtschreibstörungen, Sprachauffälligkeiten (wie Stottern) oder aber feinmotorischen Probleme verursachen.
In diesem Blog-Artikel erfährst du:
- Was Spiegelzwillinge (Mirror Twins) sind und wie sie entstehen
- Wie man Spiegelzwillinge erkennen kann
- Meine Erfahrungen als Linkshänderin
- Tipps für Eltern, wie sie ihre linkshändigen Kinder unterstützen können
Über LinkshänderInnen wird oft gesagt, dass sie sehr kreativ und intelligent sind. Studien haben jedoch gezeigt, dass dies im Hinblick auf die Intelligenz nicht eindeutig belegt werden konnte. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass LinkshänderInnen tendenziell stärkere Ausschläge im IQ nach oben oder unten aufweisen, während RechtshänderInnen konstant im Durchschnitt liegen.
Anders sieht es bei der Kreativität aus. Hier dominiert bei uns LinkshänderInnen die rechte Gehirnhälfte, die für Kreativität, Inspiration und Vorstellungsvermögen verantwortlich ist. Das gilt natürlich auch für Zwillinge. 😉
Zwillinge und Linkshändigkeit: Was steckt dahinter?
Mir wurde früher oft gesagt, dass die Links- oder Rechtshändigkeit bei Zwillingen mit ihrer „Lage im Mutterleib“ zusammenhängt – einer liegt auf der linken und einer auf der rechten Seite. Das würde ja bedeuten, dass bei allen Zwillingen einer rechts- und der andere Linkshänder ist. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Tatsächlich kommt die Linkshändigkeit bei Zwillingen häufig bei den sogenannten Spiegelzwillingen (Mirror Twins) oder auch Spiegelbildzwillingen vor. Solche Zwillinge können nur Eineiige sein, da sie aus einer Mo-Mo (Monochorial-monoamnioten) Zwillingsschwangerschaft entstehen. In einer solchen Schwangerschaft teilen sich die Embryos sowohl die Plazenta als auch die Fruchtblase. Sie machen etwa 25% aller eineiigen Zwillinge aus.
Wie Spiegelzwillinge entstehen
Bei einer Mo-Mo Schwangerschaft, die in etwa 4 % aller eineiigen Zwillingsschwangerschaften betrifft, teilt sich das Ei innerhalb von 8-10 Tagen nach der Befruchtung.
Bei Spiegelzwillingen hingegen teilt sich das Ei zwischen dem 9. und 10. Tag. Zu diesem Zeitpunkt sind in den Zellen bereits Gene aktiviert, die die linke oder rechte Seite des Embryos bestimmen.
Würde sich das Ei noch später teilen – zwischen dem 13. und 15. Tag, würden es zusammengewachsene Zwillinge werden. Bei ihnen ist keine vollständige Teilung der Embryonen mehr möglich. Diese Zwillinge sind an einem oder mehreren Körperteilen oder Organen zusammengewachsen. Zum Glück kommt das nur sehr selten vor.
Wie man Spiegelzwillinge erkennen kann
Während man die Zygosität – ob es ein- oder zweieiige Zwillinge sind – per DNA-Test bestimmen kann, lässt sich durch einen Gentest nicht feststellen, ob es sich um Spiegelzwillinge handelt oder nicht. Das kann lediglich anhand der physischen Eigenschaften der Zwillinge überprüft werden.
Denn Spiegelzwillinge haben einige identische physiologische Merkmale, die jedoch asymmetrisch oder komplementär angeordnet sind. Das bedeutet, dass zum Beispiel Muttermale, Sommersprossen, Grübchen auf gegenüberliegenden Seiten bzw. die Formen der Augen und -brauen, Ohren, Nasenlöcher spiegelsymmetrisch erscheinen können.
Es können außerdem funktionelle Spiegelungen auftreten, bei denen zum Beispiel einer zuerst den rechten Fuß beim Gehen benutzt, während der andere mit dem linken Fuß losläuft oder einer immer auf der rechten Seite schläft und der andere auf der linken Seite. Und eben auch die Händigkeit (links- oder rechtshändig) kann seitenverkehrt ausgeübt werden, so als würde man in einen Spiegel schauen.
In sehr seltenen Fällen können auch innere Organe, wie Herz, Milz oder Leber spiegelverkehrt positioniert sein – das als „Situs Inversus“ bezeichnet wird. Die Organe befinden sich also bei einem der Zwillinge genau auf der gegenüberliegenden Seite, wo sie sich allgemein anatomisch befinden. Das tritt auf, wenn sich das Ei noch später als bei den anderen Spiegelzwillingen – nach dem 10. Tag der Befruchtung – teilt.
Die Erfahrung, anders zu sein
Dass eine von uns Links- und die andere Rechtshänderin ist, sorgte während meiner Kindheit öfter dafür, dass ich meine „Andersartigkeit“ vor anderen „vorführen“ musste. Manchmal kam ich mir wie eine Zirkusattraktion vor.
So musste ich zum Beispiel, wenn ich bei meiner Großtante zu Besuch war, vor ihren Freundinnen demonstrieren, wie schön ich mit der „unschönen“ Hand schreiben konnte, während meine Schwester die „richtige, schöne“ Hand benutzte. Danach musste ich den Freundinnen zeigen, wie verhältnismäßig gut ich auch mit der „richtigen“ rechten Hand schrieb. Vielleicht eine Folge der Versuche mich umzutrainieren oder weil ich es mir von meiner Schwester abgeguckt habe – vielleicht auch beides 😉.
Jedenfalls fühlte ich mich in dieser Zeit oft anders und irgendwie „nicht richtig“, was durch das anfänglich versuchte Umerziehen wohl noch verstärkt wurde. Das änderte sich, als sich mein Bruder als „Linksdatsch“, wie man bei uns in Nordhessen sagte, dazugesellte.
Heute bin ich froh Linkshänderin zu sein und freue mich, dass es inzwischen immer mehr Utensilien für LinkshänderInnen gibt, die uns den Alltag erleichtern. 😊
Warum ist das wichtig?
Spiegelzwillinge sind eine Untergruppe eineiiger Zwillinge, die sich in bestimmten Bereichen ihres Erscheinungsbildes spiegeln. Daher finde ich es wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass Linkshändigkeit, auch in Verbindung mit Zwillingen, kein „Fehler“ oder „Makel“ ist, sondern ein Teil der natürlichen Vielfalt.
Das Verstehen und Wertschätzen solcher Besonderheiten können helfen, unnötiges Vergleichen und Vorführen zu vermeiden, die das Selbstbewusstsein der Zwillinge beeinträchtigen könnten.
Speziell für die Linkshändigkeit ist wichtig, dass Eltern ihre Linkshänder-Kinder bei bestimmten Aufgaben, zum Beispiel Schuhe binden, Handarbeiten (wie Häkeln) unterstützen. Damit Eltern ein Gespür dafür bekommen, sollten sie selbst einmal versuchen, die Dinge mit der linken Hand zu machen. 😉
Auch das Anschaffen entsprechender Arbeitsutensilien für die Schule (Spitzer, Collegeblock, Füller, Schere, etc.) oder für zu Hause hilft den Kindern sehr (zum Beispiel über LaFüLiKi).
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