Zwillinge: In der Kita oder Schule trennen oder nicht?

„Ich weiß nicht, ob ich meine Kinder in der Kita / zur Einschulung trennen oder zusammen lassen soll?“

„Ich möchte, dass meine Zwillinge in der Kita zusammen bleiben, aber die Kita möchte sie unbedingt trennen. Was soll ich machen?“

Beschäftigen dich solche oder ähnliche Fragen auch? Mir werden sie jedenfalls sehr oft gestellt. Du erfährst in dem Artikel:

  • Was bei einer Trennung in der Kita oder Schule zu beachten ist
  • Die Vor- und Nachteile einer Trennung und des Zusammenbleibens
  • Was du tun kannst, inkl. meiner Entscheidungshilfe für dich

Zunächst einmal gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Schlechte zuerst: Es gibt leider keine Pauschallösung, die für alle Zwillinge anzuwenden ist! Die kann es auch gar nicht geben, weil alle Zwillinge und ihre Bindungen sehr verschieden und absolut individuell sind!

Die gute Nachricht ist: Du kannst selbst herausfinden, was für deine Kinder aktuell die beste Entscheidung ist. Denn, du kennst sie am besten! Schließlich beobachtest und begleitest du sie schon ihr ganzes Leben. Dazu gleich mehr.

Allerdings ist auch das Alter und die Zygosität der Kinder (ein- oder zweieiig) nicht ganz unwesentlich….

In der Kita

In der Regel sind Kinder, die in die Kita kommen, 3 Jahre alt. Wenn deine Zwillinge vorher in eine Krippe untergebracht werden müssen, sollten sie aus meiner Sicht auf keinen Fall getrennt werden. Es ist einfach zu früh! Sie brauchen sich noch zu sehr.

Das kann allerdings auch noch mit 3 oder 4 Jahren – oder die gesamte Kita-Zeit hindurch – der Fall sein. Gerade, wenn die Kinder bisher noch keine Trennungserfahrungen im familiären Umfeld gemacht haben. Immerhin werden Zwillinge nicht nur von ihrer Mutter getrennt sondern gleichzeitig auch von ihrer anderen wichtigen Bezugsperson – ihrem Co-Zwilling. Gerade bei jungen Zwillingen ist ihr „ICH“ und „WIR“ noch sehr vermischt, sodass eine Trennung für sie sehr stark belastend sein kann – muss es aber nicht!

In der Schule

Hier unterscheide ich gerne zwischen Grund- und weiterführender Schule. Warum? Ähnlich wie bei der Kita: Es kann sein, vor allem bei gleichgeschlechtlichen Zwillingen, dass ihre Bindung es nach wie vor noch nicht zulässt, sich zu trennen. Gerade eineiige Zwillingsmädchen, denen Forschungen zufolge die engste Bindung zugesprochen wird – gefolgt von eineiigen Zwillingsjungen. Da zweieiige Zwillinge nur 50 % ihrer Gene teilen, sind sie sich in ihrem Verhalten nicht ganz so ähnlich wie eineiige. Daher ist ihre Bindung nicht ganz gleichzusetzen mit denen von Eineiigen.

Wenn Zwillinge bereits in der Kita in gemeinsamen Gruppen waren und sie noch keine Trennungserfahrungen gemacht haben, solltest du sie ebenfalls nicht gleich trennen. Immerhin ist der Schulwechsel oft mit Ängsten und Unsicherheiten verbunden. Hier wäre ein möglicher Trennungszeitpunkt eventuell die weiterführende Schule. Es sei denn, die Kinder wollen es oder ein Zwilling ist in der Beziehung stark belastet, unterdrückt oder gehemmt.

Wie sieht es bei gegengeschlechtlichen Zwillingen aus? Nun, diese Zwillinge lassen und wollen sich oftmals leichter trennen. Schließlich sind sie es oft schon gewohnt verschiedene Dinge zu unternehmen. Das liegt unter anderem an ihren verschiedenen Interessen und unterschiedlichen Freunden. Da Mädchen oft ihren Zwillingsbruder „bemuttern“ und dadurch selbst zurückstecken, empfiehlt sich hier eher sie zu trennen.

Vieles ändert sich mit Beginn der Pubertät, so auch das Trennungsverhalten. In dieser Zeit ist es für Zwillinge meistens leichter sich zu trennen: sie wollen unabhängig voneinander sein und sich aus dem Weg gehen.

Du siehst, bei der Trennungs-Frage gibt es einfach keine pauschale Ja- oder Nein-Antwort. Die jeweilige Bindung und Erfahrungen der Zwillinge, sowie die aktuelle Lebens- und Beziehungssituation muss immer in die Entscheidung einbezogen werden.

Vor- und Nachteile einer (Nicht-)Trennung

Beide Entscheidungen haben wie immer Vor- und Nachteile. Dabei sind die Nachteile einer Trennung bzw. die Vorteile des Zusammenseins gerade für Zwillinge in der Kita und Grundschule gewichtiger als für Zwillinge ab der Pubertät. Da die Vorteile der einen gleichzeitig die Nachteile der anderen Möglichkeit sind, habe ich hier nur die jeweiligen Vorteile erwähnt. Es handelt sich dabei um eine von mir getroffene Auswahl, dir fallen sicherlich noch weitere ein….

Vorteile TrennungVorteile Zusammenbleiben
Kinder können sich individuell und frei entfaltenKeine traumatische Erfahrung durch zu frühe Trennung
Sie können sich eher aus ihren Zwillingsrollen lösenKein Trennungskummer bei den Kindern
Sie sammeln eigene ErfahrungenSie vermissen sich nicht
Sie gewöhnen sich daran, nicht alles zusammen zu machenDer stärkere kann für den schwächeren Zwilling eintreten
Sie können ihre individuellen Stärken und Fähigkeiten entwickelnSie können sich gegenseitig unterstützen, trösten
und Halt geben
Sie haben es einfacher eigene Kontakte zu knüpfen und Freunde zu findenSie haben weniger Ängste vor neuen Situationen
Sie freuen sich, wenn sie sich nach der Kita/Schule wiedersehenSie entwickeln sich aus der Sicherheit des Zusammenseins
Sie können sich gegenseitig ihre Erlebnisse erzählenSchulische Leistungen können sich nicht aufgrund einer Trennung (vorübergehend)
verschlechtern
Sie werden sich weniger streitenGleicher Unterrichtsstoff zur gleichen Zeit
Sie werden eigenständiger und unabhängigerEltern haben geringeren organisatorischen und zeitlichen Aufwand
Sie lernen eigene Entscheidungen zu treffen 
Sie fühlen sich nicht für den anderen verantwortlich 
Sie werden nicht als „Sensation“ wahrgenommen 
Sie müssen sich Lehrer/Erzieher nicht teilen 
Sie werden nicht ständig miteinander verglichen 
Sie haben weniger Konkurrenz- und Leistungsdruck 
Sie werden nicht als eine Person gesehen, behandelt und angesprochen 
Sie lernen sich zu behaupten und für sich selbst einzustehen 
Jeder wird mit seinen Leistungen gesehen 
Ziel- oder Elterngespräche finden für jedes Kind einzeln statt     

Was kannst du tun?

Nun, egal, ob du bei der Kita oder Schule Einfluss nehmen kannst oder nicht, du bist der Situation nicht völlig ausgeliefert. Folgendes kannst du tun:

1. Objektive Entscheidung treffen

Oft lassen sich Eltern von außen durch andere Leute, Omas und Opas, etc. beeinflussen oder von ihren eigenen negativen Gefühlen und Vorstellungen. Das kann den Blick auf die bevorstehende Entscheidung jedoch beeinflussen, der möglichst objektiv sein sollte.

Voraussetzung für eine objektive Entscheidung ist: Schalte erst einmal deine innere Angststimme weitestgehend aus. Sie möchte dir vielleicht einreden: „Wie schlimm es wohl für deine kleinen Zwillinge sein mag, voneinander getrennt zu sein. Schließlich machen sie seit der Geburt alles zusammen und sind ein Herz und eine Seele. Dass du ihr Herz brechen wirst, wenn du sie trennst, etc.“

Solche Gedanken helfen niemandem! Sie sorgen nur dafür, dass du dich innerlich für andere Lösungen versperrst und deine Sorgen und Ängste auf deine Kinder überträgst. Die Kinder werden nämlich deine Ängste und Unsicherheiten spüren und sie übernehmen. Dabei hätten sie vielleicht gar kein Problem mit einer Trennung gehabt.

Lass dir also nicht von deiner inneren Angststimme dazwischen reden, sondern nehme eine neutrale Haltung ein und beobachte deine Zwillinge ganz genau. Nur so kannst du herausfinden, was für sie das Beste ist. Was fällt dir auf?

2. Beziehe deine Zwillinge ein

Spreche mit deinen Kindern – am besten getrennt voneinander – über die bevorstehende Situation und frage sie, was sie möchten. Sie wissen das meistens ganz genau. Sich über ihre Wünsche hinwegzusetzen und sie bei einer solchen Entscheidung nicht einzubeziehen, wird am Ende keinen glücklich machen – am wenigsten deine Kinder.

3. Entscheidungen der Kinder respektieren

Respektiere ihre Entscheidung und schalte möglichst den Bequemlichkeitsfaktor aus. Wollen z.B. beide gerne in getrennte Gruppen oder Klassen gehen, ist es wichtig, dass du das nicht verhinderst. Auch wenn es für dich viel mehr Organisation und zeitlichen Aufwand bedeutet. Ist es aus finanziellen oder organisatorischen Gründen nicht möglich, dann erkläre es deinen Kindern. Suche nach Alternativen, wie sie trotzdem getrennte Erfahrungen machen können.

4. Tagesmutter oder Erzieher einbeziehen

Wenn es um die Einschulung geht und deine Zwillinge bereits in der Kita oder bei einer Tagesmutter waren, hole dir unbedingt den Rat der Erzieher ein. Sie erleben deine Kinder losgelöst von zu Hause und haben einen objektiven Blick auf ihre Bindung und Beziehung. Außerdem verhalten sich Kinder außerhalb der Familie oft anders.

5. Stehe hinter deiner Entscheidung

Auch wenn Außenstehende sich einmischen, alles besser wissen und du dich plötzlich in der getroffenen Entscheidung unsicher fühlst. Bleib mit deiner Entscheidung bei dir. Wie gesagt, du kennst deine Zwillinge am besten! Was für den einen passt, muss noch lange nicht das Richtige für deine Kinder sein. Wenn du Sicherheit in deiner Entscheidung ausstrahlst, werden sich deine Zwillinge auch sicher fühlen.

Und nix ist fix! Wenn sich später herausstellt, dass die Entscheidung doch nicht richtig war, wird es dafür auch Lösungen geben! Bedenke aber, dass Kitas meistens flexibler sind als später die Schule.

Ich helfe dir!

Um dich bei deiner Lösungsfindung zu unterstützen, habe ich für dich eine Entscheidungshilfe erstellt. Sie enthält Fragen zum Verhalten deiner Zwillinge, die von dir und der jeweiligen Institution auszufüllen sind. Die Ergebnisse werden gemeinsam besprochen und vereinbart. Sinnvoll ist, dies bei auffallenden Veränderungen deiner Zwillinge zu wiederholen. Schließlich kann sich ihre Bindung im Laufe der Zeit verändern. Du kannst dir hier die Entscheidungshilfe für die Kita und hier für die Schule herunter laden.

Wenn du möchtest, dass ich:

  • dich bei der Entscheidung unterstütze
  • dir eine qualifizierte Auswertung der ausgefüllten Entscheidungshilfe erstelle
  • mit der Institution spreche

dann melde dich hier. Ich bin für euch da!

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