Abschluss: Ein abschließender Blick auf das Thema Zwillingsverlust

Mit diesem letzten Teil schließt meine Blogserie zum Thema Zwillingsverlust ab.

In den vergangenen Beiträgen habe ich gezeigt, wie unterschiedlich der Verlust eines Zwillings erlebt wird – je nachdem, wann er im Leben eintritt: vom frühen Verlust im Mutterleib bis zum Tod im hohen Alter. Dabei standen nicht nur die Erfahrungen der überlebenden Zwillinge im Mittelpunkt, sondern auch die Rolle der Eltern sowie die Auswirkungen auf Partnerschaften und Freundschaften.

Zum Abschluss möchte ich das große Ganze in den Blick nehmen:
Was macht Zwillingsverlust so besonders – über alle Lebensphasen hinweg? Warum bleibt der Schmerz oft so tief? Und was kann helfen, wenn die Trauer auch nach Jahren noch spürbar ist?

Vielleicht erkennst du dich in vielem wieder. Vielleicht liest du mit, um einen geliebten Menschen besser zu verstehen. Ich wünsche dir von Herzen, dass dir dieser letzte Teil dir gut tut – und dass du spürst: Du bist mit all dem nicht allein.

Zwillinge trauern anders

Viele Zwillinge wissen gar nicht, wie es ist, allein zu sein. Sie kennen sich von Anfang an nur als Teil eines Duos. Wenn dann einer stirbt, stellt sich nicht nur die Frage nach dem Verlust eines geliebten Menschen – sondern auch die Frage: Wer bin ich ohne dich?

Das macht die Trauer von Zwillingen besonders. Es geht nicht nur um das Vermissen, sondern auch um Identität, um Selbstbild und um eine tiefe emotionale Erschütterung. In meiner Arbeit begegnen mir immer wieder Zwillingsmenschen, die nach Jahren oder sogar Jahrzehnten noch spürbar unter dem Verlust leiden – oft leise, oft im Stillen, oft unverstanden vom Umfeld.

Was stärkt – und was verletzen kann

Trauer verläuft bei jedem Menschen unterschiedlich. Doch es gibt typische Erfahrungen, die bei vielen verbliebenen Zwillingen besonders häufig auftreten:

  • Tiefer Wunsch nach innerer Verbindung: Viele trauernde Zwillinge halten innerlich am verstorbenen Zwilling fest – über Rituale, Gedanken oder stille Dialoge.
  • Herausforderung in neuen Beziehungen: Nicht selten wird der verstorbene Zwilling zum inneren Maßstab – und neue Beziehungen geraten unter Druck, weil sie sich nie ganz so nah, so selbstverständlich oder so tief anfühlen.
  • Späte Schuldgefühle: Gerade wenn der Verlust schon lange zurückliegt, brechen manchmal spät im Leben alte Fragen auf: Hätte ich mehr tun können? War ich schuld? Habe ich etwas versäumt?

Hinzu kommt, dass Außenstehende die Tiefe dieses Verlusts oft nicht nachvollziehen können. Sätze wie „Aber ihr wart doch erwachsen“ oder „Zum Glück war da ja noch ein Kind“ verfehlen den Kern – und können verletzen, selbst wenn sie gut gemeint sind.

Trauer verläuft nicht linear

Was mir besonders wichtig ist: Zwillingsverlust heilt nicht nach einem Zeitplan. Sie ist nicht nach einem Jahr abgeschlossen oder in Phasen abgehakt. Gerade bei Zwillingen zeigt sich Trauer oft in Wellen – an Geburtstagen, bei besonderen Momenten, bei Lebensübergängen. Manchmal auch scheinbar grundlos.

Und: Auch nach vielen Jahren kann der Wunsch nach Klärung, nach Frieden, nach einer inneren Aussöhnung auftauchen. Das ist kein Rückfall – es ist Ausdruck der tiefen Bedeutung, die diese Verbindung hatte.

Was mir bei meiner Arbeit wichtig ist

Ich begleite Zwillinge in verschiedenen Lebensphasen – auch dann, wenn der Verlust lange zurückliegt. Mein Ansatz ist dabei nicht, schnelle Lösungen zu liefern, sondern einen Raum zu schaffen, in dem Gefühle, Gedanken und Erinnerungen ihren Platz bekommen dürfen. Ohne Bewertung. Ohne Zeitdruck.

Oft höre ich den Satz: „Ich dachte, ich müsste längst damit fertig sein.“ Und oft sage ich dann: Nein – du darfst jetzt erst anfangen, darüber zu sprechen. Oder zu trauern. Oder Frieden zu schließen. Und du musst diesen Weg nicht allein gehen.

Literaturtipps für vertiefende Einblicke

Wenn du dich weiter mit dem Thema Zwillingsverlust beschäftigen möchtest – sei es aus eigener Betroffenheit oder als Angehörige:r –, empfehle ich dir folgende Bücher:

  • Joan Woodward: The Lone Twin. Understanding Twin Bereavement and Loss
    Ein einfühlsames, auf Forschung basierendes Buch über die spezifische Trauer von überlebenden Zwillingen.
  • Alfred und Bettina Austermann: Das Drama im Mutterleib. Der verlorene Zwilling
    Der Klassiker zum Thema alleingeborene Zwillinge und ihre lebenslangen Prägungen.
  • Ilka-Maria Thurmann & Uta Fischer: Am Anfang waren wir zu zweit. Ein Buch für verlassene Zwillingskinder
    Ein Buch für verlassene Zwillingskinder – auch für Erwachsene lesenswert.

Was ich dir zum Schluss noch sagen möchte

Ich hoffe, diese Blogserie konnte dir wertvolle Impulse und neue Perspektiven geben – für dich selbst oder für jemanden, der vom Verlust eines Zwillings betroffen ist.

Wenn du spürst, dass da noch etwas in dir nachklingt, vielleicht unausgesprochen, vielleicht unbetrauert – ich bin gern an deiner Seite.

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Deine Ilka

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